Ziegenpfade und die verflixte Technik
Claus' Mutter meinte in einem Kommentar, es sei kein Wunder, dass er jeden Ziegenpfad probieren müsse. Bei seinem Vater sei es nicht anders gewesen...
Und das kam so: Unser nächstes Zwischenziel ist Serrania de Hornocal, das Gebirge der 14 Farben.
Den Wettstreit um die Anzahl Farben der Berge finden wir lustig, im vorliegenden Fall aber nicht übetrieben, wenn auch arbiträr. Wir machen in der dünnen Luft auf 4300 Metern Höhe einen Spaziergang zum Mirador und sind einmal mehr fasziniert.
Für die Weiterfahrt haben wir uns eine Runde ausgelesen, die uns zunächst über die RP73 nach Aparzo und dann über eine namenlose, aber auf der OSM Karte als Fahrstrasse ausgewiesene Verbindung an der Laguna Leandro vorbei nach Norden zum Zwischenziel Iruya führen sollte. Die RP 73 ist eine Schotterstrasse in gutem Zustand. Ab Aparzo wird es dann zunehmend haarig. Ein Schild weist uns strikte darauf hin, dass wir Indigenengebiet betreten uns entsprechend rücksichtsvoll zu verhalten haben. Die Auswaschungen in der Piste werden immer übler, so dass unsere Nerven und Emily zunehmend strapaziert werden. Der Weg ist steil und wir gewinnen rasch an Höhe; eigentlich wollen wir mit Untersetzung fahren aber das funktioniert einmal mehr nicht so recht, also ist Vollgas im ersten Gang gefragt. Ja nicht anhalten in irgendeiner Steigung. In der Höhe hätten wir mangels Leistung keine Chance gehabt, wieder anzufahren. Auf einer Passhöhe auf 4300 Metern Höhe mit Blick auf die Laguna Leandro ist dann Ende Gelände. Ein Schild verbietet die Weiterfahrt (warum kann man das nicht am Anfang der Piste aufstellen?) und die sorgfältige Inspektion weiterführender Optionen verheisst nichts Gutes. Also umgekehrt und alles nochmals von der anderen Seite gefahren, was Mensch und Material glücklich überstehen. Auf der Rückfahrt über die RP73 kommt Claus auf die glorreiche Idee, nun doch nochmals zu probieren, ob die Untersetzung zuschaltbar ist. Und siehe da: nach einer kurzen Strecke und etwas Gekratze aus dem Getriebe funktioniert sie. Freude herrscht, bis wir wieder in die Normalstellung zurückstellen wollen. Übelstes Gekratze ist die Folge, das Getriebe will und will nicht einrasten.
Äusserst vorsichtig fahren wir bergab leicht entnervt nach Humahuaca zurück, wo uns der Patron des Zeltplatzes, die Backentaschen voller Colablätter, überschwänglich begrüsst und umarmt. Wir sind seine besten Freunde und überhaupt hat er die Schweizer von allen Ausländern am liebsten.
Die Probefahrt tags darauf nach Iruya zeigt zum Glück, dass das Getriebe wieder normal funktioniert. Indessen bleiben Zweifel an der Nachhaltigkeit dieses Zustandes. Somit liegt der Beschluss nahe, wieder nach Salta zu fahren, wo alle Möglichkeiten für Ersatzteile und Reparaturen bestehen. Weiter im Norden gibt es diese frühestens wieder in Lima. Unser Stossdämpferspezialist aus früheren Tagen organisiert uns das korrekte Getriebeöl. Das grössere Problem ist der Ölwechsel, der nicht so einfach ist wie wir uns naiver Weise vorgestellt hatten. Selbst der Inhaber einer in Getriebereparaturen spezialisierten Werkstatt meint, wir sollten dafür doch besser zu Mercedes, erzählt uns aber eine halbe Stunde lang aufs Netteste, wo wir am besten übers Wochenende noch hinfahren sollten. Es ist nämlich wieder einmal Samstag Vormittag.
So kommt es, dass wir uns auf der Ruta 68 nach Süden Richtung Cafayate wieder finden. Diese führt durch ein Gebirge mit vielen staunenswerten und pittoresken vielfarbigen Formationen.
Wir besuchen erneut eine Garganta del Diablo, eine Schlucht namens Amphiteatro, die "Kröte", den "Bischof" und das "Castello".
Cafayate ist ein hübscher Ort mit Kathedrale, einem grossen grünen Hauptplatz und zahlreichen Läden und Restaurants, die von den aus Salta angereisten Touristen leben. Angeblich gibt es hier den besten Wein Argentiniens. Die Verkostung verläuft positiv, allerdings sind wir von den ausgezeichneten Empanadas fast mehr beeindruckt.
Auf dem Rückweg am Sonntag riskieren wir noch einen Abstecher zum Stauseesystem Cabra Corral und entlang des Rio Pasaje/ Juramento , dem River Rafting Eldorado von Salta. Das hat sich gelohnt, wenn auch hier die Piste stellenweise nicht in Bestzustand ist.
Montagmorgen bei Mercedes: Angesichtes der Kommentare auf IOverlander hatten wir nicht allzu hohe Erwartungen, zeitnah einen Reparaturtermin zu erhalten. Aber siehe da: Der Getriebeölwechsel kann sofort gemacht werden. Auf den ärgerlicherweise am Vorabend gebrochenen Innenriegel der Schiebetür müssen wir nur 24 Stunden warten. Alles läuft hier nach europäischem Standard und wir dürfen in der klimatisierten Kundenlobby bei Kaffee warten und diesen Blog schreiben.
Danke!
Tolles Protokoll, äh toller Reisebericht, interessant und unterhaltsam 🙂.
Eurem Getriebe besonders viel Glück ...
Ab Mitte April sind wir auch wieder auf Achse (Genua-Fähre-Sizilien), wenn das Wetter mitspielt. Sonst halt der Sonne nach.
Ganz liebe Grüsse!
Hans-Robert
😀👍🏼
Zum Kommentar von Claus' Mutter kann ich nur antworten: Durch die Leidenschaft lebt der Mensch, durch die Vernunft existiert er bloss 😎(Nicolas Chamfort)
Liebe Grüsse und weiterhin gute Reise
Manuel